Rechtstip der Woche: Arbeitsrecht - das Arbeitszeugnis

Die Liste der Probleme und Spannungsfelder, die bei der Erteilung eines Arbeitszeugnisses entstehen können, ist lang. Rechtsstreitigkeiten wegen der Zeugniserteilung insgesamt oder wegen einzelner Formulierungen im Arbeitszeugnis sind keine Seltenheit. Daher wollen wir einige Hinweise geben, die momöglich helfen:


Grundsatz der wohlwollenden Zeugniserteilung

Grundsätzlich sei vorangestellt, dass bei der Erteilung eines Arbeitszeugnisses der Grundsatz der wohlwollenden Zeugniserteilung gilt, so etwa Bundesarbeitsgericht (BAG, Urteil vom 14.10.2003 - AZ: 9 AZR 12/03. Daran muss sich der Arbeitgeber also erst einmal halten. Dennoch wird man sich aber wohl im Detail ansehen müssen, ob das erteilte Zeugnis diesem Grundsatz auch in jeder Formulierung entspricht.


"Gut" oder "sehr gut" - oder schlechter?

Will der Arbeitgeber die Leistung des scheidenden Mitarbeiters im Zeugnis allerdings nicht mit "gut" oder "sehr gut" bewerten, so trifft ihn die Beweislast dafür, dass eine lediglich befriedigende Beurteilung gerechtfertigt ist. Dies entschied jüngst das Arbeitsgericht Berlin mit Urteil vom 26.10.2012 - AZ: 28 Ca 18230/11.

Soll es also im Zeugnis heißen: Der/die Mitarbeiter/in erfüllte seine Aufgaben "stets zu unserer vollen Zufriedenheit" und verweigert der Arbeitgeber dieses "stets" - was eben keiner Leistungsbewertung des Arbeitnehmers als "gut" entspricht, so muss der Arbeitgeber die Gründe (Tatsachen) für diese Verweigerung darlegen und beweisen.
Erst wenn der Arbeitnehmer die Bescheinigung einer überdurchschnittlichen Leistung wünscht, muss er selbst diejenigen Tatsachen vortragen und beweisen, die eine bessere Schlussbeurteilung rechtfertigen sollen.

 
"Wohlwollendes Zeugnis" - Achtung bei Formulierungen

Besondere Vorsicht sollte auch darauf verwendet werden, wenn es um die Formulierungen im Arbeitsvertrag oder gar bei gerichtlichen Vergleichen geht. Einigen sich etwa Arbeitgeber und Arbeitnehmer in einem gerichtlichen Verfahren durch Vergleich darauf, dass der Arbeitnehmer ein "wohlwollendes Zeugnis" erhalten soll, welches "seiner weiteren beruflichen Weiterentwicklung dienlich ist" und formuliert der Arbeitgeber dann das Zeugnis nicht nach den Vorstellungen des Arbeitnehmers, so ist der Arbeitnehmer machtlos dagegen. Denn bestimmte inhaltliche Formulierungen im Arbeitszeugnis sind im gerichtlichen Zwangsvollstreckungsverfahren nicht durchsetzbar. Es ist also ratsam, einen konkreten Wortlaut zu vereinbaren. Allein aus den Formulierungen "wohlwollendes Zeugnis" usw. ergibt sich nämlich kein Anspruch auf eine bestimmte Formulierung dies entschied zuletzt wieder das Sächsisches Landesarbeitsgericht (LAG) mit Beschluss vom 06.08.2012 - AZ: 4 Ta 170/12.


Die Dankes- und Grußformel

Einen Anspruch darauf, dass das Zeugnis am Ende Formulierungen zum Dank des Arbeitgebers und zur beruflichen Zukunkt des Arbeitnehmers enthält, besteh nach der Entscheidung des BAG nicht. Lediglich das Landesarbeitsgericht (LAG) Düsseldorf hatte mit Urteil vom 03.11.2010 - Az.: 12 Sa 974/10 entschieden, dass ein Arbeitnehmer Anspruch darauf hat, dass der Arbeitgeber ihm für die für das Unternehmen erbrachte Leistungen dankt und ihm alles gute für die berufliche Zukunft wünscht.
Gleichwohl aber kann die Erteilung eines solchen wohlwollenden Zeugnisses im Arbeitsvertrag vereinbart werden - dann hat der Arbeitnehmer auch einen Anspruch auf dessen Erteilung. Denn wenn arbeitsvertraglich die Erteilung eines Zeugnisses vereinbart ist, das "... dem beruflichen Fortkommen des Mitarbeiters dienlich sein soll ...", muss sich der Arbeitgeber daran halten, so etwa das Landesarbeitsgericht (LAG) Hamm in einem Beschluss vom 04.08.2010 - AZ : 1 Ta 196/10.  


Zudem führte das Berliner Arbeitsgericht (s.o.) nochmals aus, dass ein Arbeitszeugnis auf geschäftlichem Briefpapier zu fertigen und dem Mitarbeiter in ungeknickter und ungelochter Form zu übermitteln ist. Eigentlich eine Selbstverständlichkeit.


Und Achtung: soweit im Arbeitsvertrag keine abweichende Regelung getroffen wird, erlischt der Anspruch des Arbeitnehmers auf die Erteilung eines Arbeitszeugnisses bereits nach sechs Monaten, so etwa das ArbG Frankfurt/M. mit Urteil vom 28.10.2004 - AZ: 15 Ca 10684/04.


Bei Problemen mit dem Arbeitszeugnis sollte also besser anwaltlicher Rat eingeholt werden. Wir beraten Sie gerne!