Vom Omnibus überfahren? Die „Omnibus-Richtlinie“ (EU) 2019/2161 und ihre Gefahren für Online-Händler

Zur Stärkung der Verbraucherrechte hat die EU die Richtlinie (EU) 2019/2161 - "New Deal for Customers" erlassen mit dem Ziel, den Verbraucherschutz in verschiedenen Anwendungsgebieten im B2C-Umfeld zu verbessern.

Sie ist zum 28. Mai 2022 in Kraft getreten (Umsetzungsfrist) und gilt einheitlich für den gesamten EU-Raum. Aber nur gegenüber Verbrauchern.

Insgesamt wurden gleich vier Richtlinien überarbeitet:

  • Richtlinie über Preisangaben (98/6/EG)
  • Verbraucherrechte-Richtlinie (2011/83/EU)
  • Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken (2005/29/EG)
  • Richtlinie über missbräuchliche Vertragsklauseln (93/13/EWG)

 

Die wichtigsten Punkte im Überblick

Nicht neu, aber durchaus eine große Gefahr stellt der Umstand dar, dass bei bestimmten Wettbewerbsverstößen im Online-Handel Abmahnungen (durch Wettbewerber oder Verbände) drohen. Neu hinzu kommt, dass auch Verbraucher nun einen Schadensersatz geltend machen

Auch nicht unerheblich sind die drohenden Bußgelder von mindestens 4% des Jahresumsatzes oder von mindestens 2 Millionen Euro in den Fällen, in den keine Informationen zum Umsatz bekannt sind.

Um das zu vermeiden, müssen Anbieter auf Online-Marktplätzen darüber informieren, ob es sich um einen privaten oder gewerblichen Verkäufer handelt. Wer Rabatte gewährt muss seit Ende Mai bei jeder Rabattaktion den niedrigsten Preis angeben, der in den letzten 30 Tagen vorher gegolten hat, bevor die Preisermäßigung angewandt wird.

Die Betreiber von Online-Marktplätzen trifft die Pflicht, darüber zu informieren, welche Parameter die Rankings von Suchergebnissen beeinflussen

 

Schauen wir näher auf die Details:

 

1) Änderungen Preisangaben

Werben mit Rabatten wird durch die über die Richtlinie erfolgte Änderung des § 11 Preisangabenverordnung (PAngV) nun komplizierter: bei Werbung mit Ermäßigungen und Rabatten ist der niedrigste Gesamtpreis der letzten 30 Tage anzugeben.

Diese Regelung gilt ausschließlich gegenüber Endverbrauchern und bezieht sich nur auf Waren, nicht aber auf keine Dienstleistungen.

 

2) Änderungen im Widerrufsrecht

Wer online digitale Produkte an Endverbraucher anbietet, also Daten, die dem Verbraucher zur Verfügung gestellt werden wie beispielsweise eBooks, Musik- und/oder Filmdateien, aber auch Clouds, Datei-Hosting oder Streamingdienste, und die ausschließlich per Download bereitgestellt werden, muss zukünftig beachten, dass das Widerrufsrecht des Verbrauchers von der Zahlungsmethode abhängt. Dies, da das Gesetz nun zwischen Geldleistung oder Zahlung mit personenbezogenen Daten unterscheidet.

Bei Zahlung mit Daten erlischt Widerrufsrecht bereits dann, wenn der Unternehmer mit der Vertragserfüllung begonnen hat. Bei Zahlung mit Geld erlischt es für den Fall, dass bereits vor Ablauf der Widerrufsfrist mit der Vertragserfüllung begonnen wurde, auch früher als nach der gesetzlich festgelegten Frist. Wichtig dabei ist, dass der Verbraucher über das Erlöschen der Widerrufsfrist bei Vertragserfüllung aufgeklärt werden muss. Diese Information muss auf einem "dauerhaften Datenträger" zur Verfügung gestellt werden - also etwa als PDF-Datei.

Für digitalen Dienstleistungen, also etwa Cloud- oder Streamingdienste, erlischt das Widerrufsrecht bei Zahlung mit Daten bereits bei vollständiger Leistungserbringung.

Auch der Text der Muster-Widerrufserklärung ändert sich, entfällt doch (endlich) die Pflicht zur Angabe einer Fax-Nummer. Stattdessen aber muss eine Telefonnummer angeben werden.

 

3) Neue Informationspflichten

Bei den Informationspflichten sind es zwei Änderungen, die beachtet werden müssen. Zum einen muss darüber informiert werden, wie Rankingergebnisse zustande kommen, zum anderen muss erklärt werden,  wie die Echtheit von Kundenbewertungen durch den Anbieter sichergestellt wird. Dies dient dem Zweck, mehr Transparenz für Verbraucher zu schaffen.

 

4) Änderungen im Wettbewerbsrecht

Letztlich sind auch Änderungen im Wettbewerbsrecht zu verzeichnen. Neu und nicht unbeachtlich ist, dass mit der Änderung nun auch Verbraucher Schadensersatzansprüche aus dem Wettbewerbsrecht gegenüber dem Anbieter geltend machen können. Dies ist neu, früher war dies lediglich Mitbewerbern und qualifizierten (Abmahn-)Verbänden möglich.

Auch die sog. „Schwarze Liste“ – also der Anhang zu § 3 Absatz 3 des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) wurde ergänzt. Diese Ergänzungen aber betreffen zum Großteil nur die Marktplatzbetreiber selbst. Aufgenommen in die Liste wurden etwa die verdeckte Werbung von Suchergebnissen, die Nutzung von gefälschten Bewertungen oder die falsche Auskunft über die Prüfung der Bewertungen.

 

Wer also weder Abmahnungen, Bußgelder oder Schadensersatzforderungen seine Kunden riskieren will, sollte sich zügig an die Überarbeitung seiner Online-Informationen machen. Das spart Ärger und Geld!