Rechtstip der Woche: E-Mail-Werbung: Umfang der Unterlassungsverpflichtung bei unverlangter E-Mail-Werbung (SPAM)

Wer werbliche E-Mails wie Newsletter und Verkaufs-Aktions-Mails an Empfänger versendet, ohne dass dazu das (vorherige) Einverständnis des Empfängers vorliegt, verletzt die Rechte des Empfängers. Dem steht bei unverlangter E-Mail-Werbung ein Unterlassungsanspruch nach §§ 823 Abs. 1, 1004 Abs. 1 S. 2 BGB zu. Die betrifft sowohl private Empfänger als auch gewerbliche E-Mail-Postfächer im Sinne eines "Eingriffs in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb".

Als Reaktion auf unverlangte E-Mail-Werbung wird meist eine strafbewehrte Abmahnung gewählt. Dabei muss sich der Versender der unverlangten E-Mail im Wege einer Unterlassungserklärung verpflichten, dieses rechtswidrige Verhalten zukünftig zu unterlassen und für den Fall, dass er diese Verpflichtung nicht einhält, eine (empfindliche) Vertragsstrafe an den Empfänger der unlauterer E-Mail-Werbung zahlen.

Dabei stellt sich häufig die Frage, auf welche E-Mail-Adressen sich das Unterlassungsversprechen beziehen muss.

 

Uneinheitliche Rechtsprechung

Vielfach wird angenommen, dass das Unterlassungsversprechen nur die E-Mail-Adresse betrifft, unter der die unverlangte und beanstandete E-Mail-Werbung auch zugestellt wurde. Dies wird von den Gerichten aber teils völlig anders gesehen.

So entschied jüngst das Landgericht Hagen mit Urteil vom 10.05.2013 - Az.: 1 S 38/13 - dass sich der Empfänger einer unerlaubten E-Mail-Werbung nicht damit zufrieden geben, dass die strafbewehrte Unterlassungserklärung des Schuldners lediglich einzelne Mail-Adressen beinhaltet. Nach Auffassung der Hagener Richter sei der Unterlassungsanspruch umfassend und stets auf die Person des E-Mail-Empfängers bezogen. Es reiche daher nicht aus, wenn der Unterlassungsschuldner (der SPAMer) die Unterlassungserklärung auf die aktuell verwendeten Mail-Adressen des Unterlassungsgläubigers (Empfänger der unverlangten E-Mail) begrenze, vielmehr seien "alle" E-Mail-Adressen des Unterlassungsgläubigers in das Unterlassungsversprechen einzubeziehen, da sonst die Gefahr bestünde, dass der Unterlassungsgläubiger bei Nutzung einer neuen Domain erneut unverlangt angeschrieben werde.

Damit fasst das LG Hagen den Unterlassungsanspruch sehr - wie wir finden: extrem - weit. Nach Ansicht des LG Hagen bestehe zudem für den Unterlassungsgläubiger dann auch keine Pflicht, dem Unterlassungsschuldner sämtliche E-Mail-Adressen mitzuteilen.

Der Unterlassungsschuldner muss daher eine umfassende Unterlassungserklärung abgeben. Damit verbunden ist dann natürlich stets das nicht abschätzbare Risiko des E-Mail-Versenders, wieder eine E-Mail an den Unterlassungsgläubiger - etwa an eine bisher nicht bekannte oder neue E-Mail-Adresse - zu senden und damit in die "Vertragsstrafenfalle" zu tappen.

Eine entsprechende Rechtsauffassung wird auch vom Landgericht Berlin, Beschluss vom 16.10.2009 - AZ: 15 T 7/09 sowie dem Amtsgericht Hannover, Urteil vom 3.4.2013 - AZ: 550 C 13442/12 vertreten. Das Berliner Landgericht stellte dabei fest, dass der Unterlassungsanspruch "alle E-Mail-Adressen eines Empfängers und nicht nur eine oder einige umfasse".

Der "Spamer" habe es zukünftig daher generell unterlassen, dem Unterlassungsgläubiger ohne sein ausdrückliches Einverständnis E-Mail-Werbung zuzusenden, unabhängig von der Frage, an welche E-Mail-Adresse diese unverlangte E-Mail übersandt wird.

Gleicher Ansicht ist auch der Bundesgerichtshof. Nach einer Entscheidung des BGH in seinem Urteil vom 11.03.2004 - Az. I ZR 81/01) ist ein Unterlassungsanspruch des Empfängers unverlangter E-Mail-Werbung nicht auf ein Verbot der Versendung von E-Mails an diejenigen E-Mail-Adressen beschränkt, an die der Versender bislang bereits E-Mails versandt hat. Vielmehr umfasse der Anspruch nicht nur die konkrete Verletzungshandlung, sondern auch "im Kern gleichartige Handlungen" (vgl. BGH GRUR 2000, 907, 909 - Filialleiterfehler).

Zu einer anderen Rechtsauffassung - unserer Meinung nach zu Recht - gelangte das Amtsgericht Flensburg in seinem Urteil vom 31.03.2011 - Az. 64 C 4/11. nach Ansicht der Flensburger Richter ist eine auf die Unterlassung von unverlangter E-Mail-Werbung gerichtete Unterlassungserklärung dann bereits ausreichend, wenn diese sich auf die streitbefangene (bekannte) E-Mail-Adresse bezieht, an die die unverlangte Werbung zuvor versandt wurde.

Dem Unterlassungsschuldner sei es - so das AG Flensburg - nicht zumutbar, die Erklärung komplett auf die Person des Unterlassungsgläubigers zu beziehen und sich so dem Risiko auszusetzen, bei neuerlichem Versand an eine bis dato unbekannte E-Mail-Adresse den Vertragsstrafenanspruch des Unterlassungsgläubiger auszulösen.

 

Stellungnahme von Foxlaw(R):

Aus unserer Sicht gehen die Entscheidungen des LG Hagen und des LG Berlin zu weit - vor allem dann, wenn der Unterlassungsschuldner den Unterlassungsgläubiger bitte, ihm seine E-Mail-Adressen mitzuteilen, um diese dann auf die Blacklist zu setzen, dieser aber nicht reagiert.

Aus unserer Sicht würde - in Anwendung der Entscheidungen des LG Hagen und des LG Berlin - der

Unterlassungsgläubiger hier eine Unterlassungserklärung abgeben, die zu unbestimmt ist. Der Unterlassungstatbestand muss für den Unterlassungsgläubiger so klar sein, dass er genau bestimmen kann, welches Verhalten er zukünftig zu unterlassen hat. Dieser Anforderung aber wird unserer Auffassung nach eine Unterlassungserklärung, die sich auf "alle E-Mail-Adressen des Empfängers" bezieht, ohne dass diese bekannt sind, nicht gerecht. Zudem dürfte auch der Unterlassungsgläubiger im Falle der Vollstreckung aus der Unterlassungserklärung Schwierigkeiten haben. Denn im Wege der Vollstreckung muss sich bereits aus dem Titel ergeben, welches Verhalten zu unterlassen und im Verstoßfalle mit einer Strafzahlung belegt ist. Wenn der Unterlassungsgläubiger dann neben der Vorlage des Titels noch den Nachweis führen muss, dass die (neue) E-Mail-Adresse, unter der er wieder unverlangte E-Mail-Werbung erhalten hat, auch zu ihm gehört.

Wir empfehlen Versendern daher, das Unterlassungsversprechen stets auf die konkrete E-Mail-Adresse (Einzelpostfach oder Domain) zu beziehen. Sofern der Unterlassungsgläubiger diese Erklärung akzeptiert (ausdrücklich annimmt) ist der Fall dann auch erledigt. Gibt sich der Unterlassungsgläubiger damit jedoch nicht zufrieden, sollte genau anwaltlich geprüft werden, ob eine gerichtliche Auseinandersetzung darüber sinnvoll und Erfolg versprechend ist.

Für bereits abgegebene und akzeptierte Unterlassungserklärungen gilt, dass der Unterlassungsschuldner hier nicht mehr befürchten muss, dass der Unterlassungsgläubiger auf einer Erweiterung bezüglich "aller" E-Mail-Adressen bestehen kann. Der Unterlassungsanspruch ist mit Abgabe und Annahme der Unterlassungserklärung erfüllt.

 

Praxishinweis:

In der Praxis aber ist - vor dem Hintergrund der uneinheitlichen Rechtsprechung - jedem Versender von E-Mail-Werbung nur zu empfehlen, vor Versand der E-Mail-Werbung das Einverständnis des Postfach-Inhabers einzuholen. Wirksam einzuholen. An die Wirksamkeit solcher Einwilligungen sind hohe Anforderungen zu stellen. Nach § 13 Abs. 2 Telemediengesetz (TMG) muss der Diensteanbieter im Falle einer elektronischen Einwilligung insbesondere sicherstellen, dass

  • der Nutzer seine Einwilligung bewusst und eindeutig erteilt hat,
  • die Einwilligung (nebst dem Text der Einwilligungserklärung) protokolliert wird,
  • der Nutzer den Inhalt der Einwilligung jederzeit abrufen kann und
  • der Nutzer die Einwilligung jederzeit mit Wirkung für die Zukunft widerrufen kann.

Geschieht dies nicht, so ist schon die Einwilligung unwirksam.

Als Instrument für die Einholung der Einwilligungserklärung sollte stets das Double Opt-In-Verfahren gewählt werden, denn nur so kann der Versender der E-Mail im Streitfall den Erhalt des Einverständnisses des Empfängers nachweisen.

Gerne beraten wir Sie - gerade vor dem Hintergrund des hohen Abmahn- und Klagerisikos in solchen Fällen - gerne beim Aufbau und Betrieb Ihrer rechtssicheren E-Mail-Marketing - Aktionen.

 

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