BGH: Fotografien von gemeinfreien Werken sind urheberrechtlich geschützt (Museumsfotos)

Fotografien von (gemeinfreien) Gemälden oder anderen zweidimensionalen Werken genißenen regelmäßig Lichtbildschutz nach § 72 UrhG genießen, dies entschied der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs mit Urteil vom 20. Dezember 2018 - AZ.: I ZR 104/17 . Weiter entschied er, dass der Träger eines kommunalen Kunstmuseums von einem Besucher, der unter Verstoß gegen das im Besichtigungsvertrag mittels Allgemeiner Geschäftsbedingungen vereinbarte Fotografierverbot Fotografien im Museum ausgestellter Werke anfertigt und im Internet öffentlich zugänglich macht, als Schadensersatz Unterlassung der öffentlichen Zugänglichmachung verlangen kann.

 

Was heißt das:

Das bedeutet einerseits, dass für Fotos von Werken, die gemeinfrei sind - also an denen nach § 64 UhrG Urheberrechte nicht mehr bestehen - dennoch Urheberrechtsschutz besteht. Und es bedeutet, dass ein etwa von einem Museum ausgesprochenes Fotografierverbot beachtet werden muss.

In dem vom BGH entschiedenen Fall betrieb die Klägerin ein Museum, in dem Kunstwerke - so auch Bilder - ausgestellt werden. Einige dieser Kunstwerke hatte die Klägerin fotografieren lassen und diese Fotografien in einer Publikation veröffentlicht. Im übrigen hatte die Klägerin ein Fotografierverbot im Museum über die Benutzungsordnung ausgesprochen und durch entsprechende Hinweisschilder zum Ausdruck gebracht.

Der Beklagte hat dann Fotografien in die Mediendatenbank Wikimedia zum öffentlichen Abruf eingestellt, auf denen Werke aus der im Eigentum der Klägerin stehenden Sammlung zu sehen waren. Bei diesen Fotografien handelte es sich teilweise um Aufnahmen aus der Publikation der Klägerin, die der Beklagte zuvor eingescannt hatte, teilweise um vom Beklagten bei einem Museumsbesuch selbst angefertigte Bilder.

Die Klägerin machte nun Ansprüche aus Urheber- und Leistungsschutzrechten hinsichtlich der eingescannten Bilder geltend, hinsichtlich der vom Beklagten selbst erstellten Bilder sie eine Verletzung des mit ihr geschlossenen Besichtigungsvertrags und ihres Eigentumsrechts.

Der Bundesgerichtshof gab der Klägerin Recht: das Hochladen der eingescannten Bilder aus der Publikation der Klägerin verletzt das der Klägerin vom Fotografen übertragene Recht, die Lichtbilder öffentlich zugänglich zu machen (§ 97 Abs. 1 Satz 1 UrhG, § 72 Abs. 1 UrhG, § 19a UrhG). Die Fotografie eines Gemäldes genieße Lichtbildschutz nach § 72 Abs. 1 UrhG. Bei ihrer Anfertigung habe der Fotograf Entscheidungen über eine Reihe von gestalterischen Umständen treffen müssen, zu denen Standort, Entfernung, Blickwinkel, Belichtung und Ausschnitt der Aufnahme zählen. Deshalb erreichten solche Fotografien regelmäßig - so auch im Streitfall - das für den Schutz nach § 72 Abs. 1 UrhG erforderliche Mindestmaß an persönlicher geistiger Leistung.

Ferner entschied der BGH, der Beklagte habe mit der Anfertigung eigener Fotografien anlässlich eines Museumsbesuchs gegen das vertraglich vereinbarte Fotografierverbot verstoßen. Die entsprechende Vorschrift in der Benutzungsordnung und aushängende Piktogramme mit einem durchgestrichenen Fotoapparat stellten Allgemeine Geschäftsbedingungen dar, die wirksam in den privatrechtlichen Besichtigungsvertrag einbezogen worden seien und der Inhaltskontrolle standhielten. Die Klägerin könne als Schadensersatz wegen der Vertragsverletzung des Beklagten gemäß § 280 Abs. 1, § 249 Abs. 1 BGB verlangen, dass der Beklagte es unterlässt, die Bildaufnahmen durch Hochladen im Internet öffentlich zugänglich zu machen. Dieses Verhalten stelle ein äquivalent und adäquat kausales Schadensgeschehen dar, das einen hinreichenden inneren Zusammenhang mit der Vertragsverletzung aufweise.

Urteil vom 20. Dezember 2018 - I ZR 104/17 - Museumsfotos; Quelle: Pressemitteilung des BGH v. 20.12.2018

 

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